Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes wurde am 18. Oktober 2016 mit 104 800 gültigen Unterschriften eingereicht.
Mit der Initiative wird das Ziel verfolgt, das Angebot an preisgünstigem Wohnraum zu erhöhen. Zu diesem Zweck sieht die Initiative vor, in Artikel 108 der Bundesverfassung folgende Massnahmen und Instrumente zu verankern:
- An die Stelle der bisher vorgesehenen generellen Förderung des Wohnungsbaus soll die Förderung des Angebots an preisgünstigen Mietwohnungen treten. Diese ist in Zusammenarbeit mit den Kantonen umzusetzen.
- Es soll durch geeignete Vorkehrungen verhindert werden, dass Programme der öffentlichen Hand zur Förderung von Sanierungen zum Verlust von preisgünstigen Mietwohnungen führen.
- Der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus an den neu gebauten Wohnungen soll gesamtschweizerisch bei mindestens 10 Prozent liegen.
- Die Kantone und Gemeinden sollen ermächtigt werden, zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus für sich ein Vorkaufsrecht für geeignete Grundstücke einzuführen. Zudem soll der Bund den Kantonen und Gemeinden beim Verkauf von Grundstücken des Bundes oder bundesnaher Betriebe ein Vorkaufsrecht einräumen.
Die Initiantinnen und Initianten reagieren mit der Initiative auf die Marktentwicklung der letzten Jahre und auf die in diesem Zusammenhang auf Bundesebene gefällten wohnungspolitischen Entscheide.
Bundesrat und Parlament lehnen die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» ab
Der Bundesrat stellt in seiner Botschaft klar, dass die von der Initiative geforderten Markteingriffe weder nötig noch realistisch sind. Dies gilt nicht nur für die Vorgabe, dass mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sein müssen. Auch die geforderten Vorkaufsrechte und die postulierten Vorkehrungen zur Verhinderung des Verlustes von preisgünstigem Wohnraum sind mit den Grundsätzen einer marktwirtschaftlichen Wohnungsversorgung nicht vereinbar. Die Umsetzung der geforderten Massnahmen würde zudem den Bund und die Kantone finanziell über Gebühr belasten. Deshalb empfiehlt der Bundesrat die Volksinitiative zur Ablehnung.
Der Bundesrat ist sich aber bewusst, dass das Wohnen in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert hat und dass es trotz aktueller Marktentspannung regional und für verschiedene Bevölkerungsgruppen schwierig bleibt, eine angemessene und finanziell tragbare Wohnung zu finden. Er hat deshalb entschieden, die Ablehnung mit einem Rahmenkredit im Umfang von 250 Millionen Franken zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu verbinden. [MM 25.1.17] Damit soll der gemeinnützige Wohnungsbau seinen aktuellen Marktanteil von rund vier Prozent längerfristig halten können. Dieser Bundesbeschluss tritt in Kraft, falls die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» von Volks und Ständen abgelehnt wird.
Das Parlament hat am 22.3.2019 den beiden Bundesbeschlüssen (Abstimmungsempfehlung und Rahmenkredit) zugestimmt.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. Oktober 2019 beschlossen, die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» am 9. Februar 2020 zur Abstimmung zu bringen.
Am 9. Februar 2020 hat das Schweizer Stimmvolk an der Urne die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» abgelehnt.